Hörprojekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Seit etlichen Jahren führe ich immer wieder Projekte zum Thema Hören, zu theoretischen Inhalten und auch zum Komponieren durch. Da mir das bewusste Hören der wesentlichste Punkt ist, möchte ich hier mein Konzept für Hörprojekte vorstellen. Ich biete dies für Schulen, Musikschulen, Volkshochschulen u.a. an. Bitte sprechen Sie mich an, wenn Sie sich vorstellen könnten, dass ein solcher Kurs an Ihrer Institution interessant wäre.

Konzept als PDF: MHV_Konzept

MUSIK HÖREND VERSTEHEN

EIN KONZEPT

Der gängige Weg, ein Verständnis für Musik zu entwickeln, führt in der Regel auch heute noch über den akademisch geprägten Weg des Theorie-Lernens in Kombination mit Gehörbildung. Allgemeine Musiklehre wird in aller Regel als Bedingung gesehen, um sich tiefergehend mit Musik befassen zu können. Tatsächlich ist das ein Irrglaube, denn bei Lichte besehen verfügen selbst professionelle Musiker nur selten über ein Vokabular, Gehörtes adäquat zu beschreiben, ja selbst das über Jahre trainierte Gehör scheint im Grunde in vielen Fällen nicht dazu zu bemächtigen, der Musik mehr als oberflächlich zu erfassen.
Musik lässt sich aber sowohl verstehen als auch tiefgreifend hörend analysieren, auch wenn der theoretische Überbau nicht vorhanden ist. Wird das Fachvokabular einmal beiseite geschoben und dafür das Ohr richtig geöffnet, ergeben sich alle nur erdenklichen Möglichkeiten, mit dem Gehörten umzugehen. Der Notentext ist nur für den Interpreten wichtig, als Reproduktionsvorlage, zum Hören ist er nicht notwendig, ja in vielen Fällen gar hinderlich. Zu erwähnen wären hier auch die vielen Kulturen, die eine Musiktradition vollkommen ohne Notation pflegen, bis zum heutigen Tag.
Nicht zuletzt soll auch die Frage gestellt werden, welche Funktion ein Musikunterricht sowohl an allgemeinbildenden Schulen als auch an Musikschulen eigentlich hat. Wozu soll er befähigen? Instrumentalunterricht wird in vielen Fällen nicht bis ins Erwachsenenalter fortgeführt, und die wenige Theorie ist ohnehin schnell vergessen. Viel zu wenig beachtet bleibt die wichtige Funktion des guten Zuhörers: er ist es schließlich, der dem Interpreten zuhört, der die Konzertsäle füllt, die CDs kauft, das Radio einschaltet. Es lohnt sich also in jedem Fall, diese Fähigkeit, eben gut zuhören zu können, zu schulen.
Das bewusste Hören eröffnet ganz neue Horizonte in der Wahrnehmung von Musik und auch der Klangwelt, die uns tagtäglich umgibt, ein gewecktes Bewusstsein schützt auch vor dem Lärm unserer Zeit, lässt uns erkennen, wie stark das Ohr uns auch ganzheitlich beeinflussen kann. Das entdecken der uns umgebenden „Soundscapes“ lässt uns eine andere Ebene unserer Umwelt erfahren und uns letztlich anders durch die Welt gehen.
Bewusstes Hören ist also der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg hin zu einer echten Hörkompetenz, die sich nicht vor den vermeintlichen Profis verstecken muss, nein, im Idealfall sogar ganz andere Sichtweisen auf Musik eröffnet und dem Hören wieder den wichtigen Platz in der Musik einräumt, der ihm zusteht.
Natürlich ist ein frühes Hinführen zu Musik und zum bewussten Hören zu begrüßen. Insofern bietet sich mein Konzept besonders für Projektwochen in allgemeinbildenden Schulen oder als Workshops in Musikschulen o.ä. an, auch wenn es grundsätzlich keine altersmäßigen Einschränkungen gibt. Lernen können und wollen wir unser Leben lang, und das benötigte Instrumentarium für diese Sache ist nur das offene Ohr, das wir grundsätzlich alle besitzen (Menschen mit beeinträchtigtem Hörvermögen seien hier einmal nicht berücksichtigt).
Das Projekt will vor allem eines: Lust machen, die klingende Welt aktiv zu erforschen, mit Freude in Klang, Geräusch, Musik einzutauchen.

 

Inhalte / Module / Möglichkeiten

Im Folgenden sind einige zentrale Inhalte der einzelnen Module beschrieben. Ein Modul kann zeitlich ganz flexibel angelegt werden durch exemplarische Auswahl von Themen. Inhalte von Modulen können gemischt werden, allerdings bauen die Module in gewissem Maße aufeinander auf. Einen Überblick über mögliche Themenfelder bietet die Übersichtsgrafik unten.

 

A) Bewusstes Hören im Alltag

Wichtigste Ausgangspunkte in diesem Modul sind die Geräuschsafari und das Klangtagebuch. Für beide Themen sind digitale Helfer wichtig; mit einem Aufnahmegerät werden zunächst persönliche Aufnahmen angefertigt, die später am Tablet oder Notebook bearbeitet und untersucht werden.

Bei der Geräuschsafari werden zunächst beliebig Klänge gesammelt, die in der Umgebung zu finden sind. Die Ergebnisse der verschiedenen Gruppen / Teilnehmer werden anschließend verglichen, dann in Kategorien geordnet und auf ihre spezifischen Eigenschaften untersucht.

Das Klangtagebuch dient dazu, die Klangsphäre des eigenen Alltags zu dokumentieren und somit ein Bewusstsein für diese Klangwelt zu entwickeln. Hierbei werden verschiedene Aufgaben schon bei der Erstellung des Tagebuchs gestellt, beispielsweise einmal nur Klänge zu erfassen, die von Fahrzeugen erzeugt werden oder einmal nur solche, die man selbst produziert.

Auf dieser Grundlage erfolgen weiterführende Hörübungen (s. hierzu die Grafik unten).

 

 

B) Weltmusik / Musikwelt

Dieses Modul soll einen Überblick darüber bieten, welche Musik es auf der ganzen Welt gibt, welche Gemeinsamkeiten Musikstile haben, wodurch sie sich unterscheiden. Im Gegensatz zum Modul A, bei dem es noch um den einzelnen Klang und Klänge in unserem Alltag ging, soll es hier bereits um musikspezifische Fragen gehen. Musikinstrumente, auch historische Aspekte und ein paar notwendige musikalische Grundbegriffe werden hier entdeckt. Wie bei den anderen Modulen auch wird hier einzig vom klingenden Material selbst ausgegangen und geforscht. Nicht Antworten werden zuvor gegeben, sondern Fragen anhand des Materials gestellt.

Am Ende soll ein Panorama der Musik der Welt aufgezeigt worden sein.

 

C) Höranalysen von Musikstücken aller Stilrichtungen

Mit nun bereits geschultem Ohr können jetzt Musikstücke auf ihre Bestandteile untersucht werden. Welche Ebenen können wir entdecken? Welche Entwicklungen finden wir in Musikstücken? Wie lassen sich Dinge wie das Tempo oder verschiedene Schichten eines Stücks beschreiben? Gibt es melodische Elemente, die wiederkehren und so einer Komposition Form geben? Wie ist ein gerade aktueller Popsong eigentlich gebaut? Gibt es da ein erkennbares Muster? Was lässt uns Melodien wiedererkennen? Welche Parameter sind in dem gehörten Stück oder Abschnitt entscheidend? Hat ein Stück eine Dramaturgie oder zeichnet es sich durch Statik aus?

An exemplarisch ausgewählten Musikstücken verschiedenster Stilrichtungen werden diverse Analysen durchgeführt, die letzten Endes das Stück und all seine Bestandteile erfassen lassen. Am Ende wird eine hohe Hörkompetenz erreicht, die dann noch weiter geschult und auch durch musiktheoretische Weiterbildung vervollkommnet werden kann.